Aktuelles

Vom 29. September - 17. November 2024 war die Ausstellung

Historische Heppenheimer Persönlichkeiten – Das Wirken besonderer Menschen –

Kooperationsprojekt mit dem Museum der Stadt – im Heppenheimer Museum zu besichtigen.

Grundlage war die Forschungsarbeit des Geschichtsvereins zu historischen Persönlichkeiten, die in Heppenheim (einschließlich seiner Stadtteile) geboren wurden und im Laufe ihres Lebens besondere historische Bedeutung erlangten. Nach einer Artikelserie im Starkenburger Echo und mit der Arbeit an dem Buch zu den historischen Heppenheimer Persönlichkeiten kam es 2022 auch zur Idee der Ausstellung. In zweijähriger Vorbereitungszeit und vielen Planungstreffen der Organisatoren Andrea Falk, Karlheinz Mulzer und Karl Härter mit der Museumsreferentin Luisa Wipplinger konnte die Ausstellung am 29. September 2024 eröffnet werden.

Bei der Auswahl der elf exemplarischen Persönlichkeiten aus drei Jahrhunderten war neben dem Geburtsort auch die Frage relevant, was haben diese in ihrem Leben bewegt hatten, wie außergewöhnlich es verlaufen war und was sie als besondere Menschen bewirkt hatten. Dass man vielleicht den einen oder anderen Namen noch nie gehört hatte, hängt auch damit zusammen, dass manche Persönlichkeiten nicht immer in Heppenheim, sondern an Orten in der ganzen Welt lebten und wirkten.

Von Interesse war: Wie haben die sozialen, religiösen und geschichtlichen Verhältnisse auf die Person eingewirkt und wie haben sie selbst durch ihr Wirken Geschichte beeinflusst?

So waren Anton Josef Dorsch und Ludwig Oberndorf beide u.a. Publizisten. Dorsch, promovierter Theologe und Philosoph, wirkte in der napoleonischen Zeit. Er war Präsident der kurzzeitig bestehenden ersten demokratischen Republik in Mainz (1792/93) und bemühte sich, getragen von demokratischen Idealen, um einen Ausgleich zwischen Frankreich und Deutschland. Oberndorf wirkte in den USA und versuchte während und nach dem zweiten Weltkrieg seine Heimat an der Bergstraße zu unterstützen und zu fördern, obwohl er jüdischer Herkunft war.

Marianne Cope und Katharina Katzenmaier lebten ihren katholischen Glauben mit aller Konsequenz. Cope organisierte und wirkte Ende des 19. Jahrhunderts in der Betreuung von Leprakranken auf Hawaii. Heiliggesprochen im Jahr 2012 wird sie die Namensgeberin der neuen Heppenheimer Verbandsgemeinde sein. Katzenmaier ließ in Nazi-Deutschland nicht von ihrem Glauben ab, was zu ihrer Internierung im KZ Ravensbrück führte, das sie überlebte, um darüber später zu berichten.

Das Architektenbrüderpaar Heinrich und Georg Metzendorf steht für prägende „Häuser-Landschaften“ Anfang des 20. Jahrhunderts, welche noch heute begeistern. Wobei Heinrich im Wesentlichen an der Bergstraße, Georg in Essen und Umland wirkte. Georg schuf insbesondere mit der Gartenstadt Margarethenhöhe Einmaliges im sozialhumanen Städtebau.

Gottfried Pirsch und Wilhelm Metzendorf waren beide Bürgermeister in Heppenheim; Pirsch ab 1821 und Metzendorf ab 1954. Beide prägten in ihren Amtszeiten die Entwicklung der Stadt und stellten Weichen für und in Heppenheim, die bis in die heutige Zeit nachwirken.

Judith Buber Agassi , eine Enkelin des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber, emigrierte mit der Familie 1938 nach Palästina, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen. Ihre Verdienste erwarb sie sich als Soziologin und Politikwissenschaftlerin, die zur Rolle der Frau in der Arbeitswelt forschte und publizierte. Ihre internationale Karriere führte sie an viele Orte und sie wirkte u.a. England, USA, Kanada, Hongkong und ihrem Lebensmittelpunkt Tel Aviv.

Johannes Werle gehörte zu den bedeutendsten und einflussreichsten Bürgern Heppenheims im 18. Jahrhundert. Er hatte viele städtische Ämter inne, war kaiserlicher Reichsposthalter, Mühlenbesitzer und ein erfolgreicher Geschäftsmann, der es zu einem beträchtlichen Vermögen brachte und durch seine gute Vernetzung die Geschicke der Stadt mitbestimmte.

Peter Helmling steht wie auch Dorsch für eine wissenschaftliche Karriere und akademische Lehre. Helmling, im Heppenheimer Stadtteil Erbach 1817 geboren, hatte sich der Mathematik verschrieben. Er wurde Professor für Mathematik und ein anerkannter und beliebter akademischer Lehrer an der Universität Dorpat (Tallin) im heutigen Estland.

Ludwig Oberndorf und Judith Buber Agassi eint ihre jüdische Herkunft. Oberndorf und Buber Agassi sind zugleich Ehrenbürger Heppenheims, so wie auch Wilhelm Metzendorf.

Über die großformatige Fahnen mit Text und Abbildungen sowie zahlreiche Ausstellungstücke wurde das Leben und Wirken der Persönlichkeiten vermittelt und illustriert. Ein großer Raumteiler gab mit einer Weltkarte einen Überblick über ihre Wirkungsstätten, auf deren Rückseite die Besucher anhand eines Zeitstrahls die Persönlichkeiten zur allgemeinen und Geschichte der Stadt Heppenheim in Bezug setzten konnten.

Mit einer Finissage endete die erfolgreiche, gut besuchte Ausstellung am 17. November 2024. Es gibt Überlegungen, einige Ergebnisse der Ausstellung in die Dauerausstellung des Museums einfließen zu lassen.

 

Buchvorstellung „Historische Heppenheimer Persönlichkeiten – Das Wirken besonderer Menschen“

Am Mittwoch, 9. Oktober 2024, um 19:00 Uhr im Marstall des Kurmainzer Amtshofs, war es soweit. Das Buch „Historische Heppenheimer Persönlichkeiten – Das Wirken besonderer Menschen“ konnte der Öffentlichkeit präsentierte werden.

Die beiden Herausgeber Dr. Karlheinz Mulzer und Dr. Karl Härter gaben einen Überblick zu der reich bebilderten, 150-seitigen Publikation mit insgesamt 24 Biographien dieser Heppenheimer Persönlichkeiten aus mehreren Jahrhunderten. Sie erläuterten, wie die, in Heppenheim geborenen Frauen und Männer auf ihre ganz eigene Art und Weise Besonderes geleistet haben, sowohl in ihrer Heimatstadt Heppenheim als auch an Orten in der ganzen Welt. So haben die Heppenheimer Persönlichkeiten als besondere Menschen auch die Faszination der Geschichte Heppenheims erfahrbar machen.

Karlheinz Mulzer stellte in seiner Power-Point-Präsentation kurz und prägnant, jedoch sehr eindrücklich dar, wie man bei den ausgewählten Personen interessante Cluster hinsichtlich ihres Wirkens bilden kann.

Die Autoren Katrin Rehbein, Karl Härter und Andrea Falk stellten exemplarisch die beiden Biographien von Ferdinand Koob und Ernst Schneider vor.

Im Anschluss daran wurden in geselliger Runde viele Gespräche geführt und das druckfrische Buch konnte erworben und zur weiteren Lektüre mit nach Hause genommen werden.

 

Sonderausstellung „Historische Heppenheimer Persönlichkeiten“ macht Stadtgeschichte erlebbar

Am Sonntag, den 29. September 2024, wurde die Ausstellung „Historische Heppenheimer Persönlichkeiten – Das Wirken besonderer Menschen“ feierlich im Kurfürstensaal des Amtshofs eröffnet. Zahlreiche Gäste, darunter Vertreter aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft, nahmen an der Veranstaltung teil. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit zwischen dem Heppenheimer Geschichtsverein und dem Museum der Stadt entstanden ist, bietet einen tiefen Einblick in die Lebenswege bedeutender Persönlichkeiten aus drei Jahrhunderten.

Im Zentrum der Ausstellung stehen elf Menschen, die entweder in Heppenheim selbst oder in der Ferne Außergewöhnliches geleistet haben. Zu den porträtierten Persönlichkeiten zählen unter anderem Politiker, Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Architekten, Publizisten, Journalisten und Ordensfrauen. „Ob durch Talent, Leidenschaft, Überzeugung oder die Lebensumstände geprägt – sie alle verbindet ihr Geburtsort Heppenheim,“ erklärte Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach in seiner Ansprache.

Unter den vorgestellten Biografien sind die heilige gesprochene Schwester Marianne Cope, die sich der Pflege von Leprakranken widmete, die Widerstandskämpferin Katharina Katzenmaier, die gegen das NS-Regime aufbegehrte, und der jüdische Journalist Dr. Ludwig Oberndorf, ein wichtiger Verfechter der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Auch lokale Größen wie die stilprägenden Architekten Heinrich und Georg Metzendorf sowie der langjährige Heppenheimer Bürgermeister Gottfried Pirsch sind Teil der Ausstellung.

„Bei der Auswahl der Persönlichkeiten ging es uns nicht darum, nur ‚berühmte Männer, die Geschichte machten‘ zu präsentieren. Vielmehr wollen wir Frauen und Männer aus verschiedenen sozialen Schichten und Religionen vorstellen, die sich für Völkerverständigung, soziale Belange, Bildung, Demokratie und ihre Heimatstadt Heppenheim eingesetzt haben“, betonte Prof. Dr. Karl Härter, Vorsitzender des Heppenheimer Geschichtsvereins.

Dr. Karlheinz Mulzer und Andrea Falk führten in die Ausstellung ein und hoben hervor, dass diese das Ergebnis jahrelanger Forschung des Heppenheimer Geschichtsvereins ist. Bereits in der Vergangenheit wurden in Kooperation mit dem Starkenburger Echo erste Ergebnisse in einer Zeitungsreihe veröffentlicht. Bei der Umsetzung der Ausstellung wirkten insgesamt neun Autorinnen und Autoren mit, darunter Dr. Hermann Müller, Prof. Dr. Karl Härter, Dr. Karlheinz Mulzer, Manfred Bräuer, Lucia Frank, Martin Metzendorf, Fred Raithel, Andrea Falk und Birgit Meurer. Sie verfassten die Texte, wählten Leihgaben aus und füllten die Ausstellung damit mit Leben. Unterstützung kam zudem von Stadtarchiv Heppenheim, Stadtarchiv Bensheim, Martin-Buber-Haus, verschiedenen privaten Leihgebern sowie der Pfarrgemeinde Sankt Peter, die die Heiligenfigur von Schwester Marianne Cope zur Verfügung stellte, die sonst den Hochaltar in St. Peter schmückt. Die kuratorische Leitung und Organisation übernahmen Andrea Falk, Dr. Karlheinz Mulzer und Prof. Dr. Karl Härter gemeinsam mit dem Museum.

In ihrer Danksagung betonte Luisa Wipplinger, Museumsreferentin der Stadt Heppenheim, die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein und den Leihgebern: „Unser Ziel ist es, Geschichte nicht nur darzustellen, sondern sie erlebbar zu machen. Dank unserer engagierten Partner können wir diese Ausstellung in ihrer beeindruckenden Form präsentieren.“

 

Vortrag von Dr.-Ing. Rainer Metzendorf

Georg Metzendorf - ein Heppenheimer schreibt Baugeschichte

Am Mittwochabend, 25. September 2024, um 18 Uhr strömten Menschen in die Kalterer Straße 3 in Heppenheim. Das ist die Adresse der Vinzentinerinnen, deren Kloster 1925 – 1927 von Georg Metzendorf geplant und erbaut wurde. Die Schwestern und der Heppenheimer Geschichtsverein hießen an diesem Abend Besucher für eine Klosterführung und einen sich um 19 Uhr anschließenden Vortrag über Georg Metzendorf willkommen. Referent war Dr.-Ing. Rainer Metzendorf aus Mainz. Mehr als einhundert Menschen nahmen diese Gelegenheit wahr. Anlass war der 150. Geburtstag des Architekten und Stadtplaners Georg Metzendorf. Der Geschichtsverein war dankbar, den Vortrag im Exerzitiensaal des Klosters anbieten zu können und hatte aus diesem Anlass die Broschüre „Georg Metzendorf – Sein Wirken an der Bergstraße“ nachdrucken lassen. G eneraloberin Soeur Blandine Klein vom Mutterhaus in Straßburg, Oberin Schwester Felicitas und Andrea Falk, stellvertr. Vorsitzende des Geschichtsverein begrüßten die Anwesenden. Dr. Rainer Metzendorf gab eine kurze Einweisung zur Gebäudegeschichte, und anschließend wurden die Besucher in zwei Gruppen durch das Gebäude geführt und erhielten so auch Einblicke in das klösterliche Leben. Kurz nach 19 Uhr war es dann Martin Metzendorf, der Rainer Metzendorf, den Enkel und Biograf von Georg Metzendorf, seit kurzem Träger der Gutenberg-Plakette der Stadt Mainz, vorstellte. In einem bilderreichen Vortrag erläuterte Rainer Metzendorf, ebenfalls Architekt und Stadtplaner, das Lebenswerk seines Großvaters. Vor allem aufgrund seiner wegweisenden Reformplanungen für einen sozialhumanen Städtebau im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ist der Architekt, Stadtplaner und Designer Prof. Dr. Georg Metzendorf in die Baugeschichte eingegangen. Georg war Anhänger der Deutschen Gartenstadtbewegung und Mitglied des Deutschen Werkbundes. Seine Siedlungen wie die "Margarethenhöhe" in Essen, ein Pilotprojekt oder "Hüttenau" bei Hattingen, dienten einer ganzen Fachgeneration als Vorbild und Maßstab. Darüber hinaus nahm Georg Metzendorf am baukulturellen Umbruch vom Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts über Jugendstil und Neoklassizismus bis hin zur Bauhausmoderne der 1920er Jahre teil und setzte Akzente. Seine Gebäude stehen heute allesamt unter Denkmalschutz. Die Breite seines Schaffens belegen Kaufhäuser, Kirchen, Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsbauten, Brücken, Fabrikanlagen, Grabmäler, Brunnenanlagen und stattliche Villen, sowie Möbel, Tapeten, Textilien, Baubeschläge, Galanteriewaren oder sein Buch "Kleinwohnungs- Bauten und Siedlungen" aus dem Jahre 1920. Im Anschluss an den Vortrag, hatten die Schwestern zu einem kleinen Imbiss geladen und die Besucher nutzen gerne die Gelegenheit zum Verweilen und regen Gedankenaustausch. Die Vinzentinerinnen und der Geschichtsverein Heppenheim zeigten sich hocherfreut über die hervorragende Besucherresonanz.

 
 

92jähriger Kalifornier Russel Floyd Emery besucht seinen Urgroßcousin Richard Helmling

Hans Joachim Büge und Manfred Bräuer, Mitglieder des Geschichtsvereins, unterstützen die Familienzusammenführung

Vor 22 Jahren war Russel Floyd Emery auf der Suche nach seinen Vorfahren zum ersten Mal in Erbach. Jahre zuvor hatte er zusammen mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau mit der Familien- und Ahnenforschung begonnen. Sein Urgroßvater Adam Röhrig (in den Vereinigten Staaten auch Rohrich, Rohrig etc.) war 1853 in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Schwierig gestaltete sich die Suche nach der Herkunft, war diese in unterschiedliche Quellen auch nicht eindeutig angegeben. Letztendlich konnte mit Hilfe von Kirchen- und Stadtarchiv sowie von Hans Joachim Büge, der im Auftrag des Heppenheimer Geschichtsvereins die neueren Heppenheim Sippenbücher bearbeitet und herausgegeben hat, die Herkunft Adam Röhrigs aus der Gemeinde Erbach ermittelt werden.

Die Ergebnisse seiner Forschungen hielt „Russ“ in seinem Buch „Franz Röhrig and Katharina Elisabeth Antes / Their Descendants and Ancestors“ auf über 350 Seiten fest. Manfred Bräuer konnte zuletzt im letzten Jahr für Russel Emery einige Ergänzungen und Korrekturen zu diesem Buch liefern. Unter anderem ermittelte Bräuer auch das Anwesen, aus dem der Auswanderer Adam Röhrig stammte. Er und seine ebenfalls nach Amerika ausgewanderten Geschwister Michael, Katharina und Philipp stammten aus dem Anwesen Ortsstraße 24 (Helmling) im Erbacher Unterdorf.

Das spätere Hofgrundstück war bei der Aufstellung des Liegenschaftskatasters 1836 noch nicht bebaut. Es wurde spätestens 1842 aus der Erbteilung unter den Geschwistern von Wilhelm Antes II. gebildet. Katharina Elisabeth Antes, ab 1833 mit Franz Röhrig verheiratet, erhielt des westlichsten Teil des an der Dorfgasse gelegenen Grundstücks. Im Flurbuch von 1827 wird der aus Sonderbach stammende Schmied Franz Röhrig 1843 als Eigentümer eines einstöckigen Wohnhauses, einer Scheuer und einer Stallung im Gesamtwert von 250 Gulden nachgewiesen. Es ist folglich von einer Erstbebauung spätestens um 1842/1843 auszugehen. Noch im Jahr 1869 wird Franz Röhrig als Eigentümer geführt, 1871 wird er von seinem Schwiegersohn Johann Helmling II. abgelöst. Seitdem ist das Anwesen im Besitz der Helmlings.

Anfang April war es so weit, Russ kam mit seinem Sohn Michael und Schwiegertochter Kathleen nach einem über 13-stündigen Flug aus Kalifornien nach Heppenheim, wo sie von Hans Joachim Büge, dem Herausgeber der neuesten Heppenheimer Sippenbücher, und Manfred Bräuer, Heimat- und Familienforscher begrüßt wurden. Beide sind Mitglieder im Heppenheimer Geschichtsverein.

Am nächsten Tag folgte die von Russ heiß ersehnte Fahrt nach Erbach zum „ancestral home“, wo die Besucher von der Familie Helmling freundlich aufgenommen wurden. Bewegend war das Zusammentreffen der beiden Urgroßcousins Richard Helmling und Russel Emery, die sich trotz sprachlicher Barrieren sehr gut verstanden – Hans Joachim Büges Übersetzungskünste halfen dabei. „Es ist kaum zu glauben, dass unsere Reise den Besuch meines neu gefundenen Cousins ermöglichte“, bekannte Russ hocherfreut. Sehr interessant war für ihn zu sehen, wie und wo seine Vorfahren gearbeitet und gelebt hatten. Erstaunt zeigte sich Russ, dass das Haus bis heute im Familienbesitz ist.

 
 

Jubiläums-Galgenwanderung „800 Jahre Centgericht auf dem Landberg bei Heppenheim“ - Fortsetzung

Wie Härter anhand von Quellen demonstrierte, stellte der Scharfrichter dort mehrfach Delinquenten an den Pranger. Die nächste Station war der ehemalige Standort des Heppenheimer Diebsturms an der Ecke Hinterer Graben/Siegfriedstraße. Zwar ist der Diebsturm nicht mehr erhalten, aber anhand zeitgenössischer Zeichnungen konnte Härter erläutern, wie dort Untersuchungshäftlinge „eingelocht“ wurden. Von dort ging es zum Kurmainzer Amtshof, in dessen Saalbau Verhöre und auch die Folter – im „Armeesünderstübchen“ des Kapellenturms – durchgeführt wurden. Anhand einer noch erhaltenen Verhörprotokolls des H.N. Engelhard aus dem Jahr 1688 wurde der Ablauf eines Verhörs in einem Ehebruchs- und Inzestfall nachvollzogen. Eine ebenfalls noch erhaltene Rechnung des Scharfrichters von 1758 über die Folterung von fünf Mitgliedern einer sog. „Zigeunerbande“ machte nachvollziehbar, mit welchen grausamen Methoden Delinquenten verhört wurden, um Geständnisse und Informationen zu erzwingen. Von der Altstadt aus führt die Wanderung zum Landberg, wo zunächst der an der B 3 stehende „Streitstein“ besichtigt wurde. Dabei handelt es sich um ein im Jahr 1600 in Stein gemeißelten Urteil des Pfälzer Kurfürsten im „Wäppnerstreit“ zwischen Bensheim und Heppenheim, bei dem es um die Übergabe und Überführung von Delinquenten zum Landberg ging. Auf dem Landberg, dem Sitz des Centgerichts, angekommen, informierte Härter anhand großformatiger Abbildung von Originalquellen zunächst über den Charakter des Landbergs als Gerichtsstätte, die Struktur des Gerichts, dessen Hegung (Eröffnung und Ablauf des Verfahrens) und das Weistum von 1430, die älteste Rechtsgrundlage des Centgerichts. Den Ablauf eines Gerichtsverfahrens wurde dann für die Teilnehmer unmittelbar erfahrbar: Mitglieder des Geschichtsvereins und Gästeführerinnen und Gästeführer spielten Szenen aus „Der letzte Endliche Rechtstag des Centgerichts auf dem Landberg: Verfahren und Hinrichtung des Niklas Dörsam am 6. Dezember 1799“. Karl-Heinz Trares als Delinquent Niklas Dörsam, Detlev Kaiser als Richter und Thilo Hanssen als Schöffe des Centgerichts, Inge Schäffauer als Opfer und Zeugin Lückhaupt, Andrea Hanssen als Margaretha Dörsam, Mutter des Delinquenten, und Karl Härter als Scharfrichter und Erzähler beeindruckten die Teilnehmer auf dem Landberg durch eine authentische Vorführung nach Originalquellen in zeitgenössischen Kostümen. Nachdem der Stab über Dörsam gebrochen war, ging es weiter zum ehemaligen Hinrichtungsplatz auf der Gemarkungsgrenze von Heppenheim und Bensheim am Fuß des Hemsbergs. Dort liegt auch der „Galgenacker“, auf dem die Hingerichteten verscharrt wurden. Härter konnte aus eigenen Erfahrungen über das Auffinden mehrerer Skelette im Jahr 2002 berichten. Über den noch erhaltenen Galgenweg begaben sich die Teilnehmer auf den östlich der B 3 liegenden Hinrichtungsplatz, von dem noch Reste erhalten und dessen Lage unmittelbar über der Landstraße/B 3 noch gut nachvollziehbar ist. Im oberen Bereich des Hinrichtungsplatz, wo sich auch der Galgen befand, informierte Härter über den Ablauf von Hinrichtungen und den Vollzug von Galgen- und Schwertstrafen: weibliche Delinquentinnen (Kindsmörderinnen) wurden meist enthauptet, männliche Diebe und Räuber wurden erhängt und blieben z.T. Jahre am Galgen hängen. Anhand einzelner Fälle und erhaltener Originaldokumente – wie z.B. einer „Heirat unter dem Galgen“ im Jahr 1726 oder der Massenhinrichtung von acht Mitgliedern einer „Räuberbande“ – konnten die Teilnehmer die vormoderne Praxis der Strafjustiz des Centgerichts Starkenburg auf dem Landberg anschaulich – und teils mit Schaudern – nachvollziehen. Die „Galgenwanderer“ dankten mit anhaltendem Applaus für die Jubiläums-Galgenwanderung „800 Jahre Centgericht auf dem Landberg bei Heppenheim“.

 

Podcasts des Heppenheimer Geschichtsvereins

„Heppenheimer Geschichte und Geschichten“

Die Podcast Reihe des Heppenheimer Geschichtsvereins.

Hören Sie rein.